Philipp Dittberner

»Lass uns die Wolke vier bitte nie mehr verlassen/ Weil wir auf Wolke sieben viel zu viel verpassen/ Ich war da schon ein Mal, bin zu tief gefallen«, so geht Realpolitik, ein Leben in kleinen Schritten, planbar, überschaubar, bloß nicht nach den Sternen greifen — das bekommt dir nicht gut.

 

Mit »Wolke vier« ist Philipp Dittberner vor einem Jahr der letzte Hit des mittlerweile verblichenen Merkel-Deutschland gelungen. Brav und angepasst. Aber nur oberflächlich, denn es ist ein hintersinniger Konformismus, der da anklingt. Er lässt Selbstzweifel zu und streut eine Prise Melancholie ein, die — wie schwach auch immer — eine Erinnerung daran ist, dass mal mehr drin gewesen ist: dass Lebensentwürfe denkbar waren, die unsere kleinlichen Bedürfnisse nach Kontrolle und Sicherheit hinter sich ließen. Dittberner singt weiter: »Ziemlich gut, wie wir das so gemeistert haben?/ Wie wir die großen Tage unter kleinen Dingen begraben?/ Der Moment, der die Wirklichkeit maskiert?/ Es tut nur gut zu wissen, dass das wirklich funktioniert.« Damit steht sein Song jenseits von Schrebergarten­idylle und Bionade-Biedermeier. Man muss diese Strophe sarkastisch verstehen. » Der Moment, der die Wirklichkeit maskiert«: Betäubung, Ablenkung, selbstauferlegte Bescheidenheit.

 

Der Hit ist natürlich eine dieser Internet-Erfolgsgeschichten. Der Berliner Dittberner, damals noch 24 und eigentlich Physiotherapeut, lernt über die sozialen Netzwerke den Hannoveraner Elektronikfrickler Marv kennen, man schickt sich Melodien und Textfragmente, bastelt ein wenig, und — einfach so — entsteht der im Januar 2015 erstmals veröffentlichte Song. »Wolke vier« ist knapp, ganz simpel und kommt ohne Schnickschnack aus, Dittberners Stimme ist keine markante, aber sie passt so wunderbar zu den perlenden Gitarrenlicks und den pluckernden Beats. Dittberner hätte wirklich auf Wolke sieben springen können.

 

Im September erschien »2:33«, Dittberners Debütalbum: Da liegt ein Hall auf seiner Stimme, um die ärmlichen Songs, die gerade deswegen Anmut ausstrahlen könnten, haben sich gut gepanzerte Radioformat-Arrangements gelegt. Was singt er jetzt? »Die Leute kaufen teure Dinge?/ Das Leben ist und bleibt unfair?/ Wir trinken Wein an meinem Fenster/ Im Rausch schauen wir dem Ganzen zu?/ Und müssen beide wieder lachen/ irgendwie gehören wir doch dazu.« Müsstet ihr aber nicht! »Das ist dein Leben, das ist wie du lebst.« So ist das wohl, und das ist wirklich traurig.