hiding piece

Was man Wirklichkeit nennt, das verschwindet im Als-ob. Realität ist von ihrer Simulation nicht mehr zu unterscheiden. So die Thesen des späten Jean Baudrillard.

 

Der französische Soziologe hatte natürlich nicht das Theater im Sinn, sondern den Schein der allmächtigen und allherrschenden Medien, der die Wirklichkeit verschlucke. Baudrillard war der Meinung, dass deshalb alles längst verschwunden ist oder kurz davor steht: die Welt und das Reale, der Mensch und die Dinge, die Moral, die Unterscheidung von Gut und Böse. Und dennoch hat er in seinem kleinen grünen Büchlein »Warum ist nicht alles schon verschwunden?« die andauernd dagegen revoltierende Sehnsucht beschrieben, zu sehen, wie die Welt in unserer Abwesenheit aussieht.

 

Jene Sehnsucht mag das Kölner Künstlerkollektiv Hofmann & Lindholm auch erfasst haben, die in ihrer neuen Arbeit »Hiding Piece« an drei Tagen den Bühnenraum eigens für das Verschwinden öffnen: Sie laden dazu ein, in unbeobachteten Momenten taktisch in Deckung zu gehen und in einer inszenierten Szenerie unterzutauchen. Anders gesagt: Die Aufführung findet nur statt, wenn wir, das Publikum, nicht zu sehen sind.

 

Es ist ein typisches Projekt für die Subversionsaktionisten. Die Künstler suchen in ihren Arbeiten immer nach dem Potenzial unseres Alltags, erproben Handlungsspielräume und schaffen Perspektivwechsel. Zu Recht zählen Hofmann & Lindholm zu den spannendsten freien Gruppen und sind regelmäßig zu Gast beim Impulse-Festival.

 

In »hiding piece«, das sie als »Intuitionsübung, Täuschungsmanöver, Bedrohungsmanagement oder Verhaltenstraining für den Ernstfall« ankündigen, versuchen sie, sich mit dem Zuschauer in einer Versuchsanordnung zu verstecken: Wie ist es möglich, dass wir uns neben, über, vor, hinter oder unter jemandem in einem Raum positionieren, ohne entdeckt zu werden? Vor dem Hintergrund zunehmender Gewaltbereitschaft die Aufmerksamkeit auf uns selbst als das Gegenüber zu sensibilisieren, vor dem wir uns verschanzen oder aber auf der Lauer liegen, klingt sehr spannend. In Deckung!

»hiding piece«, A.+R.: Anna Hofmann, Sven Lindholm, 28. (UA)–30.4., Tanzhaus NRW Düsseldorf, Kommen und Gehen 17–22 Uhr, Offene Probe 4.4., 18.30 Uhr