Ein Klavier, ein Klavier!

 

Max Freytag war früher Indiepopper, jetzt ist er Solopianist

Neulich beim Melodica-Festival im Weltempfänger: Max Freytag ist um 15 Uhr als erster dran. Der Laden ist schon voll, die Menschen sitzen andächtig auf dem Boden und lauschen konzentriert den Klängen des Kölner Musikers, der allein am Klavier sitzt. Vierzig Minuten lang fällt kein Wort — was im Popkontext wirklich ungewöhnlich ist. Freytag pegelt die Leute runter, alle hören zu, keiner fingert am Smartphone rum oder lässt sich anderweitig ablenken. 

 

»Ich freue mich, wenn Leute mir sagen, dass meine Musik sie beruhigt, das liegt wahrscheinlich daran, dass mich das Klavierspielen auch selbst beruhigt«, sagt Max Freytag im Interview. Grundsätzlich möchte er mit seiner Musik aber gar keine bestimmte Wirkung erzielen: »Ich bin auch nicht beleidigt, wenn ich bei einer Ausstellung spiele und die Leute nur mit einem Ohr zuhören.«

 

Stilistisch bewegt sich der in Willich am Niederrhein geborene Musiker zwischen den Polen Pop, Jazz und Klassik, obwohl er selbst angibt, von Jazz und Klassik keine Ahnung zu haben: »Wer komplexe, anspruchsvolle Musik hören möchte, ist bei mir eher falsch. Meine Klavierstücke klingen nicht direkt nach Popmusik, sind aber einfach und klar strukturiert und in der Regel eingängig, also poppig.«

 

Trotz der Gefälligkeit und einer nicht von der Hand zuweisenden Harmonieseligkeit, wird die Grenze zum Kitsch nur selten überschritten. Man fühlt sich ob der kontemplativen Anmutung an Keith Jarrets »Köln Concert« erinnert (minus der Abstraktion) und noch viel mehr an die pianolastigen Filmsoundtracks des französischen Komponisten Yann Thiersen (»Die fabelhafte Welt der Amélie«).

 

Lange Zeit spielte Freytag vornehmlich als Bassist in diversen Hardcore-, Crossover- und Indiepopbands, zuletzt gemeinsam mit dem in dieser Kolumne ebenfalls schon vorgestellten Cadavre de Schnaps, in der Kölner Formation A Dark Day For The Dinosaurs. Als Solopianist möchte er nun sein eigenes Ding machen: »Als ich die ersten Stücke für mein Album ›Solo Piano II‹ schrieb, habe ich versucht, alles auszublenden, auch meine Einflüsse, meine Erwartungen, meinen nicht vorhandenen Erfolg. Dann habe ich mich gefragt, welche Musik ich ohne all das schreiben würde.« Heraus-gekommen sind jedenfalls ganz zauberhafte Klänge. Und das ist doch mal eine erfreuliche Zwischenbilanz.

 

Tonträger: »Solo Piano II« ist als Stream oder Download bei Bandcamp erhältlich

 

maxfreytag.bandcamp.com 

 

Konzert: Fr 13.5., Kirche am Brüsseler Platz (im Rahmen von Art & Amen)