Neues Altes von der Plastik

Das Käthe Kollwitz Museum zeigt das plastische Werk seiner Namenspatronin

Käthe Kollwitz mit forschen Zügen auf Papier, dann in unterschiedlichen Lichteinfällen, schließlich als robuste Gesichtspartie: Gleich die ersten Selbstbildnisse im Eingangsbereich des Museums deuten den Weg von der Zeichnerin zur Bildhauerin an. Hierin letztlich hat die Wahl-Berlinerin ihre Berufung gefunden — wenn auch erst mit 36, so doch bahnbrechend für sie selbst, wie sie ihrem Tagebuch anvertraut: »Aber die Plastik! … die bringt etwas Neues.« Und hierin zeigt sich das im Wortsinn vielschichtige Können dieser Jahrhundertkünstlerin.

 

»Guss-Geschichte(n)«, wie die aktuelle Ausstellung treffend heißt, greift diese Entwicklung auf, indem sie den Fokus auf das plastische Werk der Künstlerin legt. Exponate von mehr als dreißig, vielfach privaten und häufig aus Übersee stammenden Leihgebern sind zu sehen. Davon viele Arbeiten in Gips, Stucco (mit Pigmenten versetzter Gips), Bronze oder Zink, einem in Kriegszeiten aus Mangel an Bronze bevorzugtem Material. Im direkten Objekt-Vergleich erfährt man die Entstehungsgeschichte der einzelnen Plastik, ihre angewandte Technik, wie es zu verschiedenen Generationen von Güssen kam sowie die Geschichten, die sich um Original, Fälschung oder Raubguss ranken.

 

Anlass ist das erste »plastische« Werkverzeichnis, das die Kunsthistorikerin Annette Seeler nach jahrelangen Recherchen unter anderem in den USA und Kanada zusammengetragen hat. Als schwergewichtiger Band wurde es nun vom Käthe Kollwitz Museum passend zum dreißigjährigen Bestehen herausgegeben. »Von 43 angedachten plastischen Projekten befinden sich alle 15 fertig gestellten Bronzegüsse im Kölner Besitz«, konstatiert Museumsdirektorin Hannelore Fischer mit sichtlichem Stolz.

 

Wer sich am Empfang eine Taschenlampe aushändigen lässt, kann nachträglich angebrachten Signaturen, Stempelfälschungen, geglätteten Falten oder stümperhaft geformten, illegalen Nach­güssen auf den Grund gehen, die aus Modellen wie »Der Abschied« oder der »Pietà« einen Briefbeschwerer machen. Ein Albtraum für Hannelore Fischer, die nach dem Erlöschen des Urheberrechts 2015, dem 70. Todesjahr der Künstlerin, weitere Plagiate wittert. Immerhin wird mit dem Werkverzeichnis, das mit der lückenlosen Listung der plastischen Werke deren Ursprung aufzeigt, unlauteren Machenschaften vorgebeugt. Auf dem Papier jedenfalls.

 

Käthe Kollwitz Museum Köln, Neumarkt 18–24/Neumarkt Passage, Di–Fr 10–18,
Sa+So 11–18 Uhr, bis 5.6.