Songwriter mit Ska-DNA

Joachim Uerschels singt als Joe Scholes jetzt nur noch zur Gitarre

Was kann man erwarten, wenn ein Musiker nach mehr als dreißig Jahren im Geschäft sein erstes Soloalbum veröffentlicht? Eine altersweise Retrospektive? Ein gallige Abrechnung? Joachim Uerschels klingt auf »Songbook Vol. II« eher wie ein aus der Zeit gefallener Teenager. Mit seiner hellen, freundlich klaren Stimme singt er unter dem Pseudonym Joe Scholes sonnendurchflutete Popsongs über den Hintern seiner Freundin, Rom Coms mit einem fiktiven Mädchen namens Peggy Sue. Und zwar in einfachen englischen Worten mit stringenten Endreimen: »They say the sun will shine again, And it will blow away the rain, It might be so, But it’s not the life I know« Klingt naiv, beweist aber Mut zur Klarheit. »Ich stehe auf klassisches Songwriting«, bestätigt Uerschels im Interview. »Ich fühle mich wohl dabei, wenn ich eine halbwegs strenge Form habe, in der ich mich ausdrücken kann. Vermutlich hätte ich früher Sonette geschrieben.«

 

Aufgenommen hat Uerschels das Album bei Erdmöbel-Produzent Ekki Maas, der dafür gesorgt hat, dass die Songs richtig satt klingen, obwohl in der Regel lediglich eine Stimme und eine Gitarre zu hören sind: »Ich hatte mir vorgenommen, die Songs komplett alleine einzuspielen. Deshalb musste ich meine Gitarrentechnik umstellen, dass ich gleichzeitig Basstöne und Akkorde spiele.« Und auch wenn es sich bei »Songbook Vo. II« um ein klassisches Singer/Songwriter-Album handelt, so sind die Ska-Wurzeln des Musikers noch immer deutlich herauszuhören. Hier wird nicht drauflos geschrammelt, sondern gepickt, und zwar mit Swing und Präzision.

 

Ska ist die musikalische DNA Uerschels, der auch zu den Organisatoren des »Freedom Sounds«-Festivals gehört. Schon in den frühen 80er Jahren gründete er angefixt von Madness und den Specials mit Schulfreunden die Band The Braces: »Eine Freundin hat bei einem Besuch in London Live-Tapes von uns in einem Klamottenladen auf der Carnaby Street zum Verkauf hinterlassen. Das Tape hörte der Chef des englischen Labels Link Records. Ein Jahr später, im Dezember 1988, gingen wir mit den Bad Manners auf Tour durch England und Schottland und wurden im Frühstücksradio der BBC interviewt.«

 

Als Joe Scholes legt er sich eine Zweitidentität zu und lässt es zwar ruhiger angehen, aber immer noch strictly british. Deutsche Texte kommen für Uerschels nämlich nicht in Frage, schließlich möchte er auf der ganzen Welt gehört werden: »I want to jam in Amsterdam, I want to be heard in St. Petersburg, And I want to get laid in Adelaide«.

 

Tonträger: »Songbook Vol. II« ist bereits auf Richmod Records erschienen