Tanzen vor der Leinwand

Die Ausstellung »Großes Kino!« führt durch 120 Jahre Kölner Kinogeschichte

Dass im April 1896 in Köln die erste öffentliche Kinovorführung in Deutschland stattfand, ist mittlerweile bekannt. Aber wer weiß schon, dass im rechtsrheinischen Stadtteil Höhenhaus Deutschlands einzige Kino-Disko beheimatet war? Von 1966 bis 1994 wurden die Filme hier von halbstündigen Tanzpausen unterbrochen! Frank Laufenberg begann seine Karriere als DJ im »Filmdancing Alt-Berlin«.

 

Dieses bizarre Geschäftsmodell war eine Reaktion auf die Kinokrise, die das Fernsehen in den 60er Jahren auslöste. In der Ausstellung »Großes Kino! 120 Jahre Kölner Kinogeschichte« hängt ein Werbeplakat für das Höhenhauser »Vergnügungszentrum mit allen Variationen der Unterhaltung« in wunderbarer 70er-Jahre-Ästhetik. Daneben kann man sich auf einem kleinen Bildschirm einen WDR-Bericht über die Kino-Disko ansehen, in dem neben Besitzer Hans Lehrhoff auch Laufenberg zu Wort kommt.

 

Die immer wieder in die Ausstellung eingestreuten kurzen Filme über Kölner Kinos, Filmpremieren und Festivals sind eine willkommene Abwechslung in dem Rundgang. Kinogeschichte ist schwer mit Objekten darzustellen. Die Ausstellung greift daher vielfach auf Fotos zurück, leider nicht immer Originale. Ansonsten werden unter anderem Kinosessel präsentiert, ein Kassenhäuschen, eine Süßwarenvitrine, Projektoren. Aber das spezifische des Kinos — die Kombination aus Architektur, sozialem Ereignis und Filmerlebnis — lässt sich kaum außerhalb des Kinobesuchs vermitteln.

 

Der Aufbau folgt der Chronologie: Im Erdgeschoss beginnt die Ausstellung mit den Vorformen des Kino, mit Panoramen, Laterna Magicas und Camera Obscuras, und geht bis zum Zweiten Weltkrieg. Im ersten Stock fängt es mit dem Kinoboom der Nachkriegszeit an und endet mit einem Ausblick in die Zukunft. Im letzten Raum kann der Besucher sich auf einen Kinosessel setzen, wie er auch im Residenz-Kino steht, und eine Virtual-Reality-Brille ausprobieren. Plötzlich sitzt man wirklich in dem Kino am Kaiser-Wilhelm-Ring. Das Licht ist an, der Saal ist leer und auf der Leinwand laufen Zeitrafferaufnahmen von verschiedenen Kölner Straßenszenen. Eine ebenso beeindruckende wie gespenstische Erfahrung.

 

Sie lässt erahnen, dass dem Kino bald ein Konkurrent erwachsen wird, gegen den das Fernsehen harmlos war. Aber auch für Ausstellungen wird eine neue Epoche anbrechen. Zukünftig wird es nicht nur möglich sein, ein Foto des ehemaligen Capitol am Hohenzollernring zu zeigen, sondern auch wirklich einen Eindruck zu geben, wie es sich anfühlte, in diesem Kino zu sitzen.

 

 

Großes Kino! 120 Jahre Kölner Kinogeschichte: bis So 6.11., Kölnisches Stadtmuseum, Di 10–20 Uhr, Mi–So 10–17 Uhr