Edward Lewis Wallant: »Der Pfandleiher«

Sol Nazerman ist der Pfandleiher von -Harlem. Seine Arbeit ist das Geschäft mit der Verzweiflung und den Träumen seiner Mitmenschen. Als Holocaust-Überlebender, dessen Frau und Kinder im Konzentrationslager ermordet wurden, agiert Nazerman im New York der Nachkriegszeit als kühner Schicksalsverwalter gescheiterter Existenzen. Während er tagsüber mit Gleichgültigkeit seine Kundschaft beobachtet, meidet er abends die bürgerliche Ödnis seiner Schwester, deren Familie er finanziell aushält. Nur in der nächtlichen Einsamkeit lassen ihm die grausamen Kriegserlebnisse Raum für das Erinnern an seine Menschlichkeit. Wallants Großstadtroman ist das Soziogramm eines Lebensüberdrüssigen, umgeben von verzweifelten Überlebensstrategen. In beklemmend-schöner Prosa entwirft der fast vergessene Autor das nuancierte Portrait eines Seelenlosen, das sich langsam mit der Schwermut seiner Umgebung füllt, bis ein dramatisches Ereignis die homogene Fassade seines Daseins bricht. Bereits 1961 im Original erschienen und 1964 von Sidney Lumet verfilmt, verdient dieser Klassiker der amerikanischen Literatur auch in der erstmaligen deutschen Übersetzung wiederentdeckt zu werden.

 

Berlin Verlag, 352 S., 22 Euro