Foto: Dörthe Boxberg

Iiih, das riecht aber komisch! (Kopie 1)

 

Viele Eltern scheitern grandios, wenn es darum geht, ihre Kinder für gesundes Essen zu begeistern. Aber was passiert, wenn man sie selbst an den Herd lässt? Ein Besuch beim Kinderkochkurs

In dem Ladenlokal im Rücken der Ehrenfelder Friedenskirche findet gerade ein Kochkurs statt. Zwischen einer Holztafel, einer Kücheninsel und einer modern ausge-statteten Küchenzeile wird konzentriert gearbeitet. Es sind aber nicht die üblichen Hobbyköche, die hier die Kücheninsel umlagern, sondern Kinder. Sie sind mit -Kochmütze und Schürze ausgestattet und mit großer Aufmerksamkeit dabei, Zitronen auszupressen, Möhren zu schälen und Erdbeeren zu putzen.

 

Der sechsjährige Glenn feiert heute seinen Geburtstag, auf dem Speiseplan stehen unter anderem »Monsterpipi« und »Monsterschleim«. Das kommt bei Glenn und seinen Freunden an, das Schnippeln macht ihnen Spaß. Beim Entfernen des Erdbeerstrunks tun sich die Kinder indes noch schwer. Andrea Smolka erklärt, wie sie das Grün -entfernen können, ohne dabei die halbe Beere wegzu-werfen. Smolka ist hier die Küchenchefin. Die Ernährungswissenschaftlerin betreibt die Kochschule »Küchenpänz« seit gut einem Jahr. 

 

Auf der Kücheninsel liegen übersichtlich arrangiert Gemüse, Quark, Obst, Schinken, eine Knoblauchwurst. Neben Monsterpipi (Zitronenlimonade) und Monsterschleim (Bananenshake mit Erdbeerstücken) sollen heute Monstergesichter (Pizza) und Monsterzähne (Gemüsesticks mit Kräuterquark) zubereitet werden. Zweifel, ob Sechsjährige Gefallen an der Zubereitung von Gemüsesticks finden, sind schnell zerstreut. Als Smolka in die Runde fragt, wer denn Möhren schälen könne, schnellen die Arme in die Höhe, und alle rufen laut durcheinander: »Ich!«. 

 

Die Kinder schälen, schaben und schneiden mit großem Eifer das Gemüse und stecken die fertigen Kohlrabi-, Möhren- und Paprika-Sticks in Gläser. Zwischendurch wird auch mal etwas waghalsig mit dem Kindermesser gefuchtelt, aber Smolka und ihre Mitarbeiterin Lisa Schmidt haben die Kinder im Blick. Die beiden Frauen lenken ge-lassen, aber bestimmt die zwischendurch leicht chao-tische Geburtstagsgruppe. Und wenn die Naschlust überhand nimmt, wird nicht ermahnt, sondern argumentiert: »Dann haben wir doch nachher nichts mehr, was wir auf die Pizza tun können!« Großen Spaß macht es den Kindern, den Teig zu kneten. Wenn nur die Hefe nicht wäre: »Iiih, das riecht aber komisch!« Doch als Smolka erklärt, dass es auch Dinge gibt, die vielleicht zunächst nicht gut riechen oder schmecken, aber zusammen mit anderen Zutaten etwas Leckeres wie den Pizzateig ergeben, glätten sich schnell die Wogen. 

 

Dann bereiten die Kinder den Pizzabelag zu: Noch mal Gemüse schnippeln, Wurst und Schinken schneiden. Ein Kind meldet schon mal vorsorglich an: »Paprika mag ich aber nicht!« Smolkas Antwort nimmt der Paprika-Schmähung gleich die Luft aus den Segeln: »Dann brauchst du sie nicht auf deine Pizza zu tun!« Smolka weiß als Ökotrophologin, dass man den Kindern ihren Ekel nicht einfach nehmen kann. Evolutionspsychologisch betrachtet ist er ein genetisch verankerter Mechanismus, der den Menschen vor schädlicher Nahrung schützt. Da machen Ermahnungen wenig Sinn. Was dagegen hilft: gemeinsames Kochen mit Kindern. Denn wenn das Kind die Lebensmittel auch im unbearbeiteten Zustand kennenlernt und selbst in die Zubereitung einbezogen wird, steigt die Akzeptanz auch unbekannter oder bislang ungeliebter Zutaten. 

 

Die Nachwuchsköche kneten mit Begeisterung den Teig, jedes Kind bekommt ein Stück, das es mit den Handballen bearbeiten darf. Als der Teig gut durchgeknetet ist, muss er ruhen, wie Smolka erklärt. Die Kinder decken den Teigklumpen mit einem Küchentuch zu und rufen: »Gute Nacht!« Danach verschwindet er im Kühlschrank. Als die Kinder am Tisch sitzen und eine Kuchenpause einlegen, erzählt Smolka, dass sie mit der Eröffnung der Kochschule vor einem Jahr in ein Wespennest gestochen habe. Die Leute seien von selbst gekommen, sie hätten nach genau einem solchen Angebot gesucht. »Häufig geht die Initiative auch von den Kindern selbst aus«, erzählt Smolka. »Die haben einfach Lust auf Kochen.« 

 

Neben mehrstündigen Blockkursen bietet sie auch einwöchige Ferienkurse an. Dabei geht es viel um Selbstbestimmung. Smolka überlegt gemeinsam mit den Kindern, was sie kochen wollen, sie schreiben gemeinsam einen Einkaufszettel und gehen gemeinsam einkaufen. Die Kinder seien, erzählt Smolka, »sehr ge-nau, ja, pingelig«, wenn es darum gehe, welche Lebensmittel, in den Einkaufswagen kommen. »Die wissen ganz genau, was sie wollen«. Und wenn die Kinder selbst bestimmten, was gekocht werde und selbst eingekauft -hätten, dann wüssten sie auch, was in ihrem Essen drin sei — das helfe, Hemmschwelle gegenüber bestimmten Lebensmitteln abzubauen.

 

Als die Kinder den Pizzaboden belegen, findet auch die Paprika umstandslos ihren Platz: Denn nur so entsteht ein richtiges Monstergesicht. Zum Schluss sitzen die Miniköche an der langen Tafel, vor ihnen ihr das selbstzubereites Essen. Und siehe da: Den Kindern schmeckt’s.