Unscharf aber präzise: Godspeed bei der Arbeit

Rettung in letzter Minute

Godspeed You Black Emperor! agieren lediglich zu ihren eigenen Bedingungen

Es darf nicht schäumen. Die Stücke des kanadischen Großkollektivs Godspeed You! Black Emperor müssen aus einem Guss sein, ihre Wucht, die sich in der Regel über zwanzig Minuten entfaltet, muss sauber aus dem Material — massig eingesetzte verzerrte Gitarren und nicht zuletzt rollende, wirbelnde, marschierende Trommeln — gearbeitet sein. Sonst droht der Absturz: Wer sich im Netz die Videos der Verschwörungsparanoiker und Querfrontler anschaut weiß, dass sie häufig mit schwer dräuenden, Soundtracks aus der mottenzerfressensten Asservatenkammer Hollywoods unterlegt sind. Seien wir ehrlich, so weit davon entfernt ist der Aufmarsch der Godspeed-Aktivisten um den charismatischen Efrim Menuck nicht. Bombast, Pathos, die ganz großen Gesten, und immer: Rettung in letzter Minute. Gehört alles zu ihrem Repertoire. 

 

Aber sie spielen eben doch keinen Soundtrack, erst recht keinen für schale Helden-Epen. Sie setzen sich dieser Gefahr wohl bewusst aus — um sie zu bannen. Godspeed-Musik strebt zum Monochromen, Melodien durchwehen allenfalls als ferne Reminiszenzen die groben Blöcke aus Gitarrenlärm, der Pathos wandert tief in ihre Stücke ein und wird dort gewälzt in Kohlenstaub, bis er erstickt. Alles, was in ihrer Musik nach oben strebt, erfährt seine Umdeutung — es war nur ein Moment, eigentlich beschreiben die Musiker den Weg nach unten. Hinab ins Getümmel des kaum Ausdifferenzierten.

 

Die aktuell neun Musiker bilden tatsächlich ein Kollektiv: Sie lassen sich keine Pressetermine vorschreiben, gehen nicht gegen Fans vor, die neue Songs ins Netz stellen, sondern veröffentlichen irgendwann wieder ein Album. In letzter Zeit haben sie zu einem regelmäßigeren Produktionsrhythmus gefunden. Sie erarbeiten die Musik gemeinsam, der Rest ist Schweigen. Die Bandmitglieder, sofern überhaupt etwas über sie bekannt ist, verstehen sich als linksradikal, tragen das aber nicht vor sich her. Auch in dieser Hinsicht agiert die Band ausschließlich zu ihren eigenen Bedingungen. Hätten sie keinen Spaß, würden sie sofort aufhören. Wie nebenbei spielen sie ausufernde, beseelte, schwindelerregende Konzerte. Vom ersten bis zum letzten Klang zwingend.