Foto: Manfred Wegener

Qualifikation: Möbel schleppen

Ärger um den Einsatz von Ein-Euro-Jobbern im gemeinnützigen Möbelverbund

Ein-Euro-Jobs schüren Konflikte. Derzeit ist der Verbund gemeinnütziger Möbellager »Kölns zweite Hand« mit dem Problem befasst. Der Möbelverbund ist ein Zusammenschluss von sieben sozial engagierten Projekten und Selbsthilfeorganisationen, gegründet 1998 in Zusammenarbeit mit der städtischen Sozialverwaltung.

»Einsatz von Zwangsarbeit«

Ausgerechnet von der Sozialistischen Selbsthilfe Köln (SSK) muss sich der Möbelverbund nun in die Suppe spucken lassen: »Der Einsatz von Zwangsarbeit«, schreibt der SSK in einer Flugschrift, sei ein Grund, nichts mehr bei den Einrichtungen des Verbunds zu kaufen. Mit »Zwangsarbeit« meint der SSK den Umstand, dass dem Möbelverbund 120 Ein-Euro-Jobs zugewiesen wurden.

Die sind kurzfristig zwar ein finanzieller Segen für die beteiligten Projekte, die für jeden Ein-Euro-Jobber monatlich 685 Euro erhalten. Das dürfte einigen der Vereine, die sich traditionell durch Wohnungsauflösungen, Umzüge und Gebrauchtmöbelhandel finanzieren, das Überleben sichern. Doch mittelfristig holt man sich durch die Billigarbeitskräfte die Konkurrenz quasi selbst ins Haus und zerstört so eine gewachsene Struktur, in der sozial Schwache ihren eigenen Lebensunterhalt erwirtschaften können. Dieses Ziel wollte der Möbelverbund mit der Schaffung von »niedrigschwelligen Arbeitsplätzen« erreichen. Sie sind Teil des Vertrages, den der Möbelverbund mit der Stadt geschlossen hat. Auch die Qualifizierung von Mitarbeitern für den ersten Arbeitsmarkt, im Rahmen von Maßnahmen wie seinerzeit ABM-Stellen, ist Teil der Vereinbarung.

Fit für den ersten Arbeitsmarkt?

Während einige wenige ABM-Stellen noch in das Leben der Vereine integrierbar waren, ist der massenhafte Einsatz von 120 Ein-Euro-Jobbern ein Problem. Die Selbsthilfeorganisationen und gemeinnützigen Vereine würden zu »Beschäftigungsgesellschaften« umgewandelt, so der Vorwurf der SSK, der selbst nicht im Verbund ist, aber ebenfalls vom Gebrauchtmöbelhandel lebt. Er fürchtet die so entstehende Konkurrenz. Nicht ohne Grund: Schließlich werden bereits Wohnungsauflösungen durch Ein-Euro-Jobber durchgeführt – und so mit öffentlichen Geldern Firmen und Vereine verdrängt, die in dieser Branche auf dem ersten Arbeitsmarkt ihr Geld verdienen.
Das ist nicht mal im Sinne des Erfinders namens Hartz. Auch die Qualifikation, die bei den Ein-Euro-Jobs laut Gesetz im Mittelpunkt zu stehen hat, ist fragwürdig: Ob die »Menschen mit erheblichen Vermittlungshemmnissen«, die dem Möbelverbund zugeteilt werden, nach einem halben Jahr Möbelschleppen fitter für den ersten Arbeitsmarkt sind als zuvor?