Balkan Beat Box

Emir Kusturica lacht sich ins Fäustchen. Oder nehmen wir Gunnar vom Bauwagenplatz. Der freut sich, dass die Musik, die auf den ortsüblichen Antiglobalisierungspartys die ganz heiße Kiste ist, langsam im Mainstream ankommt. Sei es der Bukovina-Club des Frankfurter DJs und Produzenten Stefan Hantel aka Shantel oder die Hochgeschwindigkeitskapellen vom Schlage der Fanfare Ciocarlia oder dem Ensemble von Boban Markovic – osteuropäische Musiken liegen im Trend.

Elektrifizierte Folklore

Ebenfalls schwer angesagt ist seit einiger Zeit das New Yorker Viertel Williamsburg. Wohnten hier früher vorwiegend Einwanderer aus Osteuropa, Lateinamerika und der Karibik, werden von den (noch) günstigen Mieten heute zunehmend junge Künstler und entsprechende Bagage angezogen. In einer der vielen ehemaligen Fabriken leben und arbeiten Ori Kaplan und Tamir Muskat, die vor zwei Jahren das Projekt Balkan Beat Box ins Leben riefen und ihr Viertel zum Kochen brachten. Dem multiethnischen Kollektiv gelingt mühelos die Verschmelzung diverser osteuropäischer, arabischer und sephardischer Musikstile mit modernen Beats. Elektrifizierte Folklore gewissermaßen.

Musikalische Diaspora

Aufgewachsen sind Kaplan und Muskat in Tel Aviv. Kaplan lernte als Jugendlicher Klarinette und Klezmer kennen, Muskat kam aufgrund seiner rumänischen Eltern früh mit den verschiedenen musikalischen Traditionen Osteuropas in Berührung. Mit dem Umzug nach New York spielten die Jungs in diversen semiprominenten Bands wie Firewater, Gogol Bordello oder Big Lazy. Die Idee zum Projekt Balkan Beat Box entwickelte sich notwendigerweise in der Diaspora, betont Kaplan, in Tel Aviv wäre eine derartige Formation niemals entstanden.

Die Band besteht inklusive wechselnder Gäste aus 15 Musikern, Tänzern und VJs. Da kann es auf der Bühne schnell zu Drängeleien kommen. Naheliegend, dass sich Teile der Kapelle unter das Publikum mischen, um von hier aus ein Saxofonsolo abzufeuern. Zirkuspunk und israelischer Eklektizismus, unpeinlich dargeboten.

Anfang August feierten die Balkan Beater im Rahmen der Berliner »popdeurope« ihre Premiere hierzulande, Mitte Oktober erscheint ihr furioses Debütalbum auf dem Essay-Label von Shantel. Osteuropa und der Nahe Osten waren musikalisch noch nie so präsent wie dieser Tage.

Konzert: 15.11., Underground, 21 Uhr.
Die CD »Balkan Beat Box« ist auf
Essay/Indigo erschienen.