Fotos machen kann KI besser als kochen: Gericht mit Adobe Photoshop generiert, Suchwort »meal art«, Foto Tisch/Hintergrund: Yolk Coworking-Krakow, unsplash

Wie schmeckt KI?

Der Hype ist groß: Künstliche Intelligenz werde alles verändern, heißt es. Gilt das auch für die Kulinarik?

Viele Menschen versetzt KI gerade in Aufregung. Von einem gigantischen Umbruch ist die Rede, auch in Bereichen, die stark von unserer Persönlichkeit und mehr oder weniger von unserer Kreativität geprägt sind — etwa beim Kochen. Über die Auswirkungen auf die Kulinarik zu spekulieren, ist nicht die drängendste Frage. Aber sie ist insofern interessant, als KI zwar rechnen, Daten ordnen, auswerten und daraus auch Neues schaffen kann — aber eben nicht in der Lage ist, zu schmecken und zu riechen. Bislang zumindest. Insofern scheint ihr Einfluss auf Kulinarik zunächst begrenzt.

Tatsächlich bieten die populären, leicht zugänglichen Programme nichts, was einem Hobbykoch nicht selbst in den Sinn käme: aus dem, was noch im Kühlschrank oder in der Vorratskammer ist, ein irgendwie essbares Gericht ­formen. Aus Kohlrabi und Mango wird mit KI dann aber kein aufregendes Geschmackserlebnis — sondern ein fragwürdiges Curry. Bislang geht es hier gar nicht um ­Arten der Zubereitung, um Texturen, Temperaturen, die Balance von Aromen. Da ist nichts, was wirklich schöpferisch, was kulinarisch wäre.

Eine Frage, die sich hier aufdrängt: Ist Kochen Kunst? Dagegen spricht, dass im modernen Kunstverständnis auch das Hässliche und Unzugängliche stark ­betont wird — während die Kulinarik um Wohlgefallen bemüht ist. ­Dafür aber spricht, dass es sonst keine Kunstform gibt, die sich ­vorrangig dem Geschmacks- und Geruchssinn widmet.

Aus Kohlrabi und Mango wird mit KI kein aufregendes Geschmackserlebnis, sondern ein frag­würdiges Curry

Gerade ist der Kölner Sternekoch Daniel Gottschlich in die Villa Massimo geladen worden, als Praxisstipendiat und erster Koch überhaupt in der bedeutendsten Einrichtung zur Spitzenförderung deutscher Künstler im Ausland. Gottschlich möchte in Rom eine Abhandlung verfassen, eine Mischung aus Koch- und Tagebuch, die der Frage nachgeht, ob Kochen Kunst sei. Wenngleich seine Antwort ­erwartbar ist.

Kein Koch auf diesem Niveau würde sich wohl als von KI inspiriert bezeichnen. Wer sich die ­Kreativität erst von den Algorithmen leihen muss, der scheint fürs Künstlerische ohnehin nicht talentiert. Hinzu kommt: Wer auf höchstem Niveau kocht, der ist längst nicht mehr bloß Praktiker. Das theoretische Wissen über Aromen und die Zutaten und Zubereitungen, die sie transportieren — das ist Teil des Jobprofils in der Sterneküche.

Aber lassen sich mit KI denn kulinarische Verfahren optimieren? Vermutlich ja. Schließlich erleichtert auch das Textverarbeitungsprogramm dem Schriftsteller die Arbeit. Die Kreativität bleibt davon weitgehend unberührt. Wahrscheinlicher als Einflüsse von KI auf die Kreativität in der Hochküche ist deshalb wohl ihr Einfluss auf die Praxis von Freizeitköchen oder faulen Amateuren am heimischen Herd. Zwar fehlt den populären Apps alles, was über Rezepte zur Resteverwertung hinausgeht. Aber nutzte man theoretisches Wissen und praktische Erfahrung aus vielen Küchen dieser Welt, brächte man es in Einklang mit Daten aus Biologie und Chemie, könnte KI mindestens das Kochbuch ersetzen.

Eine Hürde bleibt das sinnliche Erleben, das KI nicht ersetzen kann. Eine Zutat, die wir — um ein Beispiel zu nehmen — »Tomate« nennen, kann vieles sein. Es gibt so viele Sorten, unterschiedliche Reifegrade, sie schmecken anders, verlangen andere ­Zubereitungen. KI kann das, beim heutigen Stand, nicht einordnen und keine Schlüsse daraus ziehen. Tomaten werden in den gängigen Apps als Grundlage für Saucen oder Salate genommen, auch im Winter. Es findet sich bislang nicht leicht ­etwas, wo »Tomate« in Fruchtfleisch, Haut oder Saft getrennt und getrennt weiter ­behandelt würde.

Schnell aber dürfte KI in einem ­anderen Bereich Einzug halten: in Großküchen. Hinter Kantinen und Mensen steckt mehr ­Logistik als bei vielen mittelständischen Unternehmen. Sie sind an  geringen Kosten, effizienter Lagerung, wenig Ausschuss interessiert. Naheliegend, dass KI künftig Großküchen die Speisepläne diktiert. Vielleicht berücksichtigt die KI gar den Cholesterinspiegel und die Unverträglichkeiten der Belegschaft? Die Verschwendung wäre geringer, das Kantinen-Essen ­gefälliger. Für viele Menschen wäre das eine gute Nachricht.