Himmel un Ääd: Wann endlich wird auch mal die Rheinische Küche ein Trend in Köln?

Überwiegend schmackhaft

Rückblick auf ein gastronomisches Jahr mit vollen Restaurants, viel Fastfood und Konkurrenz fürs Kölsch

Das über viele Jahre beste Res­­taurant der Stadt sorgte für die schlechteste Nachricht des Jahres. Im März gaben Liliane und Vincent Moissonnier bekannt, ihr Zwei-Sterne-Restaurant an der Krefelder Straße in der Nordstadt zum Juli zu schließen — nach mehr als 35 Jahren. Doch die Enttäuschung der vielen Fans legte sich bald: Am angestammten Ort eröffneten die Moissonniers und ihr Koch Eric Menchon vor kurzem ein Bistro. Zu günstigeren Preisen gibt es vergleichbare Qualität und einen ähnlichen Stil — bloß, dass abends geschlossen ist. Vincent Moissonnier erklärte im Mai gegenüber der Stadtrevue, dass eine Abendkarte zu anstrengend geworden sei. Und das ­finden nicht nur die Betreiber von Spitzenrestaurants: Gastro-Betriebe haben als Arbeitgeber ihre Anziehungskraft verloren. Überstunden, Arbeit bis spät abends und am Wochenende, körperliche Belastung — das möchten sich viele nicht mehr antun. Während der Pandemie wechselten viele Arbeitskräfte die Branche. Zwar vermeldete das Statistische Landesamt NRW jüngst einen Anstieg abhängig Beschäftiger im Gastgewerbe von 2021 zu 2022 um fast zehn Prozent. Doch weiterhin fehlen viele Arbeitskräfte. Der Lobbyverband Dehoga spricht von 14.000 offenen Stellen im Gast­gewerbe. Zudem fehlen jene, die die Gastronomie über viele Jahre am Laufen gehalten haben: die Nicht-Festangestellten, vor ­allem im Service.

Auf der anderen Seite der Theke ist man personell längst auf Vor-Corona-Niveau angelangt: Die Nachfrage nach Gastronomie in den Innenstadt-nahen Veedeln scheint ungebrochen. Nicht nur am Wochenende bekommt man ohne Reservierung kaum einen Platz.

Nach Abgang des Moissonniers bleibt Daniel Gottschlichs Ox & Klee im Rheinauhafen das einzige Zwei-Sterne-Restaurant in Köln. Gottschlichs kulinarische Innovation soll ihn bald gar zum dritten Michelin-Stern führen. Um ihren bekanntesten Repräsentanten setzte die Kölner Hochküche ihren Aufschwung der vergangenen Jahre zwar nicht weiter fort, doch Köln verteidigte seine Sterne — und hat sich kulinarisch im bundesweiten Vergleich etabliert.

Was tut sich jenseits der Hochküche? Viele neue Döner-Läden, vietnamesische Lokale und Pizzerien mit neapolitanischer Rezeptur

Zwar sind Spitzenküchen die Impuls- und Ideengeber für kulinarisch Interessierte, aber es ist oft interessanter, was sich jenseits der Hochküche tut. Doch was gibt es dort zu vermelden? Viele neue Döner-Läden, zuweilen mit Fleischersatz-Varianten, weil eben veganes Fastfood boomt. Viele neue vietnamesische Lokale dokumentieren die Nachfrage nach schneller und stark gewürzter ­Küche. Sushi ist längst in der ­Fastfood-Ecke gelandet. Ansonsten ist kulinarisch allenfalls ein anderes Fastfood erwähnenswert: Pizza! Auch in diesem Jahr eröffneten viele Lokale, die mit einer originalen neapolitanischen ­Rezeptur, aber auch neuen Standards werben. Artischocken, auch als Creme, und Fior di latte stehen dort fast immer auf der Karte. ­Derweil warten rheinischer Sauerbraten und Hämmche weiter auf ihre Wiederentdeckung. Dabei käme das womöglich der Nach­haltigkeit entgegen.

Die ist in der Gastronomie wie überall in der freien Wirtschaft zwar Thema, doch immer noch oft bloß zu Werbezwecken. Und meist wird vegane Küche mit Nachhaltigkeit gleichgesetzt.

Auf Mango, Jackfruit und Avocado scheinen viele aber nicht verzichten zu wollen, ebenso wie auf ­industriellen Fleischersatz. Insgesamt aber gibt es auch in der Masse der veganen Angebote endlich mehr jene, die kulinarisch ausgerichtet sind — kreativ und ohne ­Ersatzprodukte.

Mehr Aufmerksamkeit wird in der Kölsch-Metropole nun auch wieder dem Wein geschenkt. Die Eröffnung neuer Lokale ist allerdings an einen Trend gebunden, der überrascht: Naturwein. Der ist weniger gefällig und bietet oft Aromen, die ansonsten schon mal als Weinfehler bezeichnet werden. Hier lassen sich viele ­Entdeckungen machen, doch bleibt die Frage, ob die Kundschaft ­dauerhaft dazu bereit ist. Denn so ist es mit Trends: Die ­wenigsten verfangen dauerhaft.