Steuerwehr im Großeinsatz

Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie steigt wieder auf den regulären Satz. Die Branche tobt — zurecht?

Mitte 2020 wurde die Mehrwertsteuer auf Speisen in der ­Gastronomie von 19 auf sieben Prozent befristet gesenkt. Der Staat verzichtete damit auf Einnahmen, um die Branche während der Corona-Krise zu entlasten. Während der Energiekrise wurde die Unterstützung verlängert. Doch ab Januar gilt nun wieder — wie bei Einführung angekündigt — die ursprüngliche Regelung. Die Lobbyverbände der Gastronomie protestieren. Sie führen die schwere wirtschaftliche Lage an und erneut mangelnde Umsätze. Die Regelung müsse beibehalten werden, »damit wir erhalten, was unser Land lebenswert und ­liebenswert macht«, so der Branchenverband Dehoga. Geht es eine Nummer kleiner?

Es stimmt, dass 2021 der damalige Kanzlerkandidat der SPD und heutige Bundeskanzler ­diese Steuererleichterung auch nach der Pandemie beibehalten wollte. Jetzt will Olaf Scholz ­davon nichts mehr wissen, und man darf ihm vorwerfen, ein Wahlversprechen zu brechen — aber das allein kann kein Argument für die Beibehaltung der 7-Prozent-Regelung sein.

Dass viele aus dem links-alternativen Milieu sich für eine FDP-Position einsetzen, ist kurios

Die Gastronomie hat in der Corona-Krise eine gute Unterstützung erhalten. Das große »Gastrosterben« blieb aus. Fraglich ist auch, ob die Gastronomie eine fortgeführte Steuersenkung an die Kunden weitergeben würde — das war nach der Verlängerung auch nicht geschehen. Eine Beibehaltung der 7-­Prozent-Regelung würde also nicht garantieren, dass die Preise nicht steigen würden.

Dass nun auch viele aus dem links-alternativen Milieu sich für eine steuerfeindliche FDP-Position einsetzen, ist ­kurios. Möglich wird’s, weil die Gastronomie während der Pandemie in den Rang einer kulturellen Instanz erhoben wurde, die zu unterstützen sei — aber Restaurants, Kneipen, Bars und Cafés sind Wirtschaftsbetriebe wie andere auch. Ja, Essen und Trinken sollte ein Kulturgut sein! Bloß: Allein der Verkauf von Schnitzel Wiener Art und Tom Kha Gai ist es nicht per se. Und die nun oft zu hörende Behauptung, Gastronomie sei ein »sozialer Treffpunkt«, ist vergleichsweise neu — früher sprach man diese Funktion eben nicht Bistros mit Quinoa-Bowls für fuffzehnfuffzich zu, sondern der sprichwörtlichen Eckkneipe. Dort war das Bier billig und die teuerste Position der Karte ein Sol-Ei oder die Packung Zigaretten. Wenn es ihr wirklich um soziale Treffpunkte ginge, müsste die Dehoga mehr Geld für Seniorentreffs, Jugendzentren und Kulturcafés fordern.