An Aschermittwoch ist alles vorbei: Marc Giffhorn und Luisa Schmitt vom Alcazar

Einmal alles raus, bitte!

Hohe Umsätze, viel Arbeit: Der Straßenkarneval ist eine besondere Zeit für Kölner Gastronomen. Eine Innenansicht aus dem Alcazar im Belgischen Viertel

Die fünfte Jahreszeit polarisiert. Während vielerorts fröhlich geschunkelt wird, wähnt man sich anderswo im Straßenkampf. Dazwischen liegen die kölschen Restaurants und Kneipen, die sich mit dem Straßenkarneval und seiner Entwicklung auseinandersetzen müssen. Seit mehr als 35 Jahren zählt das Alcazar im Belgischen Viertel, eine Mischung aus Restaurant und Kneipe, dazu. Miteigentümerin Luisa Schmitt, Tochter des 2023 verstorbenen Wirts Günther Zabel, und Geschäfts­führer Marc Giffhorn wissen, wie man die jecken Tage vorbereitet — und feiert.

Giffhorn, gebürtiger Schwabe, ist an allen Karnevalstagen der Erste, der kommt, und der Letzte, der geht — aber nie im Kostüm. »Verkleidet kann man keine Bierfässer schleppen.« Schmitt hat schon als Kind im Betrieb mitgeholfen, seit ihrer Jugend auch an Karneval: »Ich liebe den Karneval und auch, an Karneval zu arbeiten.« Karneval in Köln habe sich gewandelt, sagt sie, und erinnert sich daran, was ihr Vater über den Karneval erzählt hat: »Vor 40 Jahren war Karneval anders. Da saßen die in der Kneipe, es lief Karnevalsmusik und dann dachten die sich: Oh, ist ja Karneval.« Erst ist jüngster Zeit sei aus Karneval eine Massenveranstaltung geworden.

Vor dem jüngsten 11.11. habe man Respekt gehabt, da er aufs Wochenende fiel und die Dimensionen mittlerweile andere seien — zunehmend touristisch, wie ein Oktoberfest in Köln, so Geschäftsführer Marc Giffhorn. »Wäre unser Restaurant auf der Zülpicher, würden wir auf jeden Fall an diesem Tag schließen. Die Leute wollen auf der Straße feiern. Die einzigen, die da profitieren, sind die Kioske.« Dass Karneval in manchen Teilen der Stadt dem Ballermann ähnelt, würde man im Alcazar nicht bemerken. Luisa Schmitt sieht einen Grund darin, dass das Publikum sich über Jahrzehnte generationsübergreifend vermischt habe, ohne dass es Verdrängung gegeben habe. »Bunt und wunderschön« sei diese Entwicklung. Auch Touristen integrierten sich. »Sie wollen es so, wie es ist«, sagt die Wirtin.

Im Alcazar herrscht an den Karnevalstagen aber kein Normalbetrieb. »Das bedarf einer anderen Logistik«, sagt Geschäftsführer Marc Giffhorn. In der Küche etwa falle weniger Arbeit an. Um nach den tollen Tagen nicht sanieren zu müssen, werden Fotos an den Wänden abgeklebt und das Interieur eingelagert. Die Durchreiche zur Küche wird zur weiteren Zapfstation. Ohnehin fällt ein Großteil der Arbeit vor den tollen Tagen an. Das Team werde für Karneval nur marginal aufgestockt, da Kapazitäten aus der Küche freiwerden. »Fürs Putzen müssen wir aber Personal zurückstellen«, so Schmitt. Erfahrungsgemäß werde immer jemand krank. Hinzu kommt die Bürokratie. Für dieses Jahr sind die Nubbelverbrennung, Dixi-­Klos und der Bierwagen schon bei der Verwaltung beantragt. Ob die Stadt dabei entgegenkommend agiert? »Muss sie ja!«, Giffhorn und lacht. »Da ist sie immer ganz schnell.«

Vor 40 Jahren war ­Karneval noch anders Luisa Schmitt, Miteigentümerin vom Alcazar

Wie viel Umsatz das Alcazar zwischen Fastelovend und Nubbelverbrennung macht, bleibt ein Betriebsgeheimnis. »Es läuft schon gut, ohne Karneval gäbe es eine Lücke«, erklärt Giffhorn. Die Einnahmen der Karnevalstage würden vor allem für Investitionen ins Lokal genutzt, sagt Besitzerin Luisa Schmitt. Dennoch: »Karneval ist für uns ein Herzensprojekt.«

Damit es das auch bleibt, verzichten die Alcazar-Betreiber an Karneval auf Schnaps. »Wir schenken nichts Hochprozentiges aus«, erzählt Schmitt. Das mache einen großen Unterschied. Gruppen, die auf Kurze aus seien, würden schnell wieder kehrtmachen. Auch stark betrunkene und aggressive Karnevalisten und Unverkleidete würden von den Türstehern abgewiesen. »Wenn aber ein Jeck auf den letzten Drücker ankommt und sich schnell ein Verkehrshütchen aufsetzt, kommt er natürlich rein«, sagt Schmitt. Und: Bei 200 Leuten ist Schluss, damit das Feiern entspannt bleibt. Drinnen arbeitet weibliches Personal hinter der Theke, Männer tragen Kränze und sammeln Gläser.

Die unbeliebteste Schicht? »Donnerstagabend, da sind alle schon so lang unterwegs.« Schmitt wird sie wohl übernehmen, aber freut sich schon. Mit Polizei und Ordnungsamt habe es nie größere Probleme gegeben. Auch das Verhältnis zu den Nachbarn sei gut. Sie wüssten um die Ausnahme­situation und das Alcazar um seine Verantwortung.

Auch die Tage nach dem Straßenkarneval sind im Alcazar bereits geplant. Aschermittwoch ist Putztag. Am Donnerstag erleben die Gäste einen normalen Restaurantbetrieb, »als wäre nichts gewesen«.